Bankrott der Ich AG

Etwas ist anders. Ganz anders. Ich weiss nicht, woran es liegt. Vielleicht an mir. Vielleicht bin ich anders. Oder viele andere. Oder es liegt an meiner Unlust, mich noch länger mit anderen zu arrangieren. Mein ganzes Leben lang habe ich Situationen antizipiert. Bin auf Vorrat ausgewichen. Oder habe mich aus der Situation herausgenommen.
Vielleicht liegt es aber auch daran, dass ich seit dem Ausbruch der Pandemie noch genauer hinsehe. Die Leute noch genauer beobachte. Wie sie sich zum Beispiel in den Läden bewegen.

Szene Eins: Metzgerei
Mann lehnt sich beim Schwatz mit dem Metzger – Grillfleisch ist Männersache – über die Glasvitrine und hält mit seiner Aussprache die Auslage feucht.

Ich beobachte, wie sie auf den Gehsteigen gehen, die Strasse überqueren. Wie sie die anderen nicht mehr als Menschen wahrzunehmen scheinen, sondern nur noch als Hindernisse, die mit starrem Blick aufs Mobiltelefon zu umkurven sind.

Szene Zwei: Wieder beim Shopping
Frau läuft laut mit ihrer Whatsapp-Freundin über Kinder- und Eheprobleme schwatzend ihrem Mobiltelefon hinterher durch die Regalschluchten.

Wie sie sich nehmen, was sie wollen. Wie sie fast erschrecken, wenn ich sie anspreche, statt ihnen auszuweichen. Ich suche nicht die Konfrontation. Aber ich gehe nicht mehr aus dem Weg, wenn dieser Weg auch der meine ist. Und erst recht dann nicht, wenn dies still schweigend von mir erwartet wird.
Es ist höchste Zeit, einander klarzumachen, dass wir aufeinander angewiesen sind. Und wenn nicht, dann zumindest es Konsens darüber gefunden werden muss, wann wer welches Recht hat. Und weshalb. Es ist höchste Zeit, einander wieder in Erinnerung zu rufen, dass deine Freiheit dort aufhört, wo meine beginnt. Vielleicht hören dann auch jene auf, sich über Gebühr zu nehmen, worauf sie Lust haben, sich zu nehmen, was ihnen nicht zusteht. Sondern wahrscheinlich jemand anderem.

Szene 3: Shopping III
Ein Pulk von Jugendlichen bespricht direkt vor der Kasse die Details ihrer Openair-Party am Wochenende und sorgen dafür, dass das Wochenende für diverse andere deshalb später beginnt.

Ich habe dies – so glaube ich – an dieser Stelle in anderer Form schon mal zum Ausdruck gebracht: Man sollte, wenn man die Nase von solchen Leuten voll hat, ihnen ungestraft ins Gesicht niessen dürfen. Auch in dieser Prä-Post-pandemischen Zeit.

Ich wünsche allen eine friedliche Zeit.

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