Die Trolls und die Demokratie

stimmraechtEigentlich begann die Diskussion ganz harmlos. Auslöser war der Vorschlag der Zürcher Regierungsrätin Jacqueline Fehr, doch über ein gewichtetes Stimmrecht nachzudenken. Im ersten Moment habe ich die Idee reflexartig abgelehnt. Denn mal abgesehen von möglichen Alterskategorien: Wer würde welches Leben wie bewerten um auf einen Schlüssel zu kommen, nach dem sich das Gewicht einer Stimme auch nur einigermassen gerecht taxieren liesse?

Doch so ungeheuerlich ist dieser Vorschlag gar nicht. Bloss würde ich anderswo ansetzen. Es heisst «Stimmrecht». Für mich ist damit die Pflicht verbunden, sich angemessen zu informieren. Dieser Pflicht kommt ein nicht zu unterschätzender Teil der Bevölkerung nicht nach. Nicht ansatzweise. Wenn Rechte und Pflichten sich wirklich die Waage halten sollen, muss ein Stimmrecht auch entzogen werden können.

Gedankensprung: Seit neuerem ist das Phänomen zu beobachten, dass Artikel auf den Online-Portalen «kommentiert» werden können. 90 % dieser Absonderungen sind einfach nur Dreck, ohne jeden Wahrheitsgehalt oder fundiertes Wissen um die Zusammenhänge. Statt zu einer vertiefenden Diskussion beizutragen, geben sie a) den Frust der oft anonymen Verfassenden wider, zeigen b) die Mission, auf der sich unbewusst Fanatische wähnen oder liefern c) klare Hinweise, in wessen Auftrag jemand schreibt. Oder alles miteinander.

90 % der Online-Kommentare sind einfach nur Giftmüll.
Ausser für Online Redaktoren. Die nennen es Traffic.

würgerwehrWorauf ich hinaus will: Wenn Stimmen schon gewichtet werden sollen, dann bitte nicht nach Alter, sondern nach Anstand und Verstand. Denn wenn ich mir vorstelle, dass eine 30-jährige anonyme, frustrierte, Gift ins digitale Nirvana spritzende Dreckschleuder eine 100 %-Stimme hat, ein zurückhaltender 67-Jähriger mit Herz und Verstand und der Beflissenheit, sich mit einem Thema echt auseinanderzusetzen, aber nur eine 50 %-Stimme, dann wird mir schlecht. Und wenn die Trolls mit ihrem virtuellen Mundgeruch abstimmen gehen, hat selbst die vernünftigste Vorlage keine Chance mehr. Es sei denn, es ginge um etwas, das direkt zum Vorteil dieser Person ist.

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