Sie ist mir zuwider, diese Anspruchshaltung. Tagtäglich bin ich mit Forderungen konfrontiert, denen weder Leistungen, noch moralische oder rechtliche Grundlagen gegenüber stehen. Wenn Sätze mit «Du musst mir das geben» oder opfermässiger «Ich brauche das bis morgen» beginnen, bekomme ich Schlitzaugen, Kieferstarre und schlechten Atem.
Dabei lächle ich doch so gerne. Doch das vergeht mir immer mehr. Und damit die Lust, noch für irgend etwas die Verantwortung zu tragen. Schon gar nicht ehrenamtlich.
Da Enthusiasmus heute nicht mehr gewürdigt, sondern ausgebeutet wird, erfülle ich immer öfter nur gerade mein Soll. Aus Trotz. Der Rest geht mir am Arsch vorbei. Und ich merke, wie ich damit immer mehr werde, was ich nie werden wollte: ein egoistisches und/oder gleichgültiges Arschloch.
Abgesehen davon, dass in der Hetze – ausser bei Usain Bolt – selten Qualität entsteht (und also auch nicht gefordert ist), ärgern mich mehrere Aspekte: Vieles von dem, was heute gefordert wird, liegt nachher wochenlang herum. Und einiges von dem, was ich fast umsonst liefere, bringt anschliessend ein paar Leuten fette Honorare und/oder Ruhm ein. Dabei käme es denen, die am lautesten schreien und fordern, nicht im Traum in den Sinn, dies in Fronarbeit und Nachtschichten zu erarbeiten. Und sie haben vergessen, dass andere dies tun: Laut Statistik wird in der Schweiz Arbeit in der Grössenördnung von rund 300’000 Vollzeitstellen pro Jahr durch ehrenamtliche Arbeit ersetzt. Tendenz leider – aber mangels Würdigung verständlich – sinkend.
Es scheint also nicht nur mir so zu gehen. Und ich bin in einer Generation aufgewachsen, der «Instant Gratification» nicht oberste Maxime ist. Doch die nächste Generation kommt bestimmt.
Ein weiteres Ärgernis ist die Tatsache, dass solche Anspruchshaltungen damit einhergehen, dass die Forderer meist ihre eigenen Aufgaben nicht, nicht rechtzeitig und nicht sorgfältig erledigen. Sie kompensieren also und hoffen insgeheim, ihr eigenes Unvermögen damit kaschieren zu können. Oft gelingt dies sogar, weil über ihnen jemand sitzt, der genau das gleich tut. Das verrückte daran: Am Ende hat niemand mehr Spass an seiner Tätigkeit, selbst dann, wenn es genau das ist, was einem entspricht. Kein Spass, nur noch Stress. Kein Lob, nur noch Kritik. Und das sieht man den Dingen, die daraus entstehen, von weitem an.
Meine beste Freundin hat mir einmal geraten, nicht mit dem Gedanken «Was willst denn du schon wieder?!» in eine Sitzung zu gehen, sondern mit der Idee «Wie kann ich dir helfen?». Also. Auf ein Neues.