Gestern hatten wir zuhause wieder mal eine dieser unfruchtbaren Diskussionen über die Männer und die Frauen. Ich verhalte mich dann passiv-depressiv bis teilnahmslos. Weil solche Verallgemeinerungen niemandem gerecht werden und auch, um mich nicht fremdzuschämen.
Selbstverständlich sind mir die Ausdrücke «Alle Männer sind gleich» und «Alle Männer sind böse» geläufig. Nicht erst seit der #metoo-Debatte. Sondern seit über dreissig Jahren. Und ich kann noch immer nicht mit letzter Sicherheit sagen, ob dem wirklich und von Natur aus so ist und ich das einfach nicht wahrhaben will. Ich bemühe mich. Und beobachte einfach.
Next Generation.
Ich habe dann und wann etwas Zeit für gänzlich unwissenschaftliche Feld-, Wald- und Wiesen-Studien. Ich arbeite schliesslich am Limmatplatz – in nächster Nachbarschaft diverser Berufsschulen – und beobachte den Homo pubertatem, quasi der Unterdrücker von morgen, der hier meist in Gruppen auftaucht. Allein wäre er nämlich völlig unauffällig. Sind es aber drei, ist einer immer am Handy, einer blökt ins Gespräch, und einer steht da, um etwas zu holen, falls es etwas zu holen gibt. Irgend etwas. Für den Fall. Sind es aber fünf, kann die Gruppe weitere wichtige Funktionen wahrnehmen. Dann ist einer mehr fürs Nasenbohren oder sonstwo kratzen zuständig und ein weiterer fürs Spucken. Wie hoch dieser in der Rangfolge der Gruppe steht, erkennt man daran, ob noch andere nach ihm auf den Boden spucken oder ihn jemand mit «Hey Monn!» oder ähnlichem zur Ordnung ruft.
Eine Fünfergruppe ist auch stark genug, auf dem Gehsteig nebeneinander herzugehen und nur dann Platz zu machen oder eine schmale Gasse zu bilden, wenn ihr jemand entgegenkommt, die ihr gefällt oder der noch stärker zu sein scheint.
Ja, solches Verhalten gibt mir zu denken. Und ich frage mich, ob ich mich nicht auch dann und wann so benehme. Ohne es zu merken. Ohne es zu wollen. Eigentlich. Aber was ist mir eigen?
Keine Entschuldigung.
Um nochmals auf die eingangs erwähnte heimische Diskussion zurückzukommen: Es fiel der Ausdruck «Urprogramm» und dass die eine oder andere Verhaltensweise darauf zurückzuführen sei. Und daran auch nicht alles schlecht sei. So zum Beispiel der Beschützerinstinkt. Inwiefern dieses Verhalten tatsächlich mit einem Urprogramm zu tun hat, vermag ich nicht zu sagen. Ich weiss nur: Jeder ist dazu eingeladen, vor seiner eigenen Höhle zu kehren. Das ist auch der Grund, warum ich mich bei diesen #metoo-Diskussionen zurückhalte. Und diese Zurückhaltung hat nichts vornehmes. Ich habe ganz einfach den Eindruck, dass Mann sich bei dieser Diskussion eigentlich nur in die Nesseln setzen kann. Selbst dann, wenn dieser sich alle Mühe gibt, sich richtig zu verhalten. Und ich wüsste wirklich nicht mehr, wie ich mich richtig zu verhalten hätte, hätte ich nicht gute Lehrerinnen gehabt und… wäre ich nicht ich.