Noch 12 Tage bis …
Ich bringe nun schon die zweite Ladung Bilder auf den Sackwagen (von Gregory) gepackt mit dem Zug nach Bern. Da mir der Raum schon zur Verfügung steht, probiere ich doch gleich eine Idee für eine mögliche nächste Ausstellung aus. Ich weiss nicht, ob ihr das kennt: Man denkt sich etwas aus, verliebt sich in die Idee und verliert jegliche Distanz dazu. Aber: In dem Moment, in dem ich damit an eine kleine oder grosse Öffentlichkeit gehe, nehme ich Raum und Zeit anderer in Anspruch. Und weil das so ist, stelle ich mir als einigermassen verantwortungsvoller Mensch immer wieder die leicht quälende Frage: Ist das für andere relevant? Oder stehle ich ihnen bloss ihre Zeit? Ich kann nur mutmassen und auf meine Einschätzung vertrauen. Ach.
Anschliessend versuche ich, die ersten Bilder für die aktuelle Ausstellung zu hängen, doch die Wände des über 500 Jahre alten Kellergewölbes leisten aktiven und passiven Widerstand. Ich werde mir also etwas überlegen müssen. Noch habe ich Vorsprung …
Noch sechs Tage bis …
Ich gestalte die Preisliste. Und damit auch die Preise. Was sind meine Bilder wert? Um dies nicht zur Grundsatzfrage ausarten zu lassen, orientiere ich mich an den Kosten, die die Bilder verursacht haben und im Zusammenhang mit der Ausstellung noch entstehen werden. Das hilft, weil so konkret. Ich muss ja nur meine Kosten decken. Anerkennung gäbe es ja allein schon dadurch, dass sich jemand die Arbeiten ansähe.
Noch fünf Tage bis …
Heidi Gassner und Urs Mosimann sind die vollendeten Gastgeber. Bereits haben sie Getränke und Snacks im Keller. Auch rühren sie für mich die Werbetrommel, wie ich es nie vermöchte. Und sie freuen sich riesig auf die Vernissage. So wie ich.
Drei Tage bis …
Die Bilder hängen noch nicht. Werde morgen, auf dem Weg nach Bern, Nägel in allen Stärken und Längen kaufen. Und Pflaster. Tonnen von Pflaster.
Langsam macht sich eine interessante, nicht unangenehme Art von Aufregung breit, so ähnlich wie die Neugier.
Noch Zwei Tage bis …
8:58 im Zug nach Bern. Dort erst einmal eine ganze Batterie von Nägeln in allen Längen und Ausführungen kaufen. Beim Hängen komme ich dann mal besser, mal weniger gut vorwärts. Schon mal an einer Stelle einen 100er-Nagel mit einem Schlag versenkt und nur einen Zentimeter daneben nicht mal einen 10mm-Stahlnagel in die Wand gebracht? Für mich war das eine neue Erfahrung. Dazu gehört auch das Wissen, dass man einen Stahlnagel auch in scheinbar unnachgiebigen Stein treiben kann, wenn man nur lange genug drauf haut.
Ich kenne jemanden, der Vorgehensweise und Resultat bezüglich Genauigkeit als «ausreichend genau» bezeichnen würde. Wir werden sehen, ob das jemandem auffällt.
Immerhin: Ich habe kein Pflaster gebraucht … wegen dem einen Treffer, was soll ‘s. Abgesehen davon hängt nun endlich auch mein derzeitiger Liebling (einmal abgesehen von der Souls-Trilogie)«CŒURBEAU», an der Wand.
Ich freue mich riesig auf übermorgen.
Noch 1 Tag …
Ich habe eine Krise. Dies ist nun die dritte Ausstellung in diesem Jahr. Und wenn mich jemand mit «Das kommt gut. Was soll schon schiefgehen?» zu beruhigen versucht, werde ich noch nervöser. Denn im Gegensatz zu einem Konzert kann ich eine Ausstellung nicht mehr verändern, wenn sie mal läuft. Es ist zum Verrücktwerden. Und ich nehme mir fest vor: Danach verkrieche ich mich für ein Jahr. Mindestens.
1. September 2016/18 Uhr – Vermissage
Zwei Stunden vor der Vernissage noch schnell wischen … all den Mörtel und Jahrhunderte alten Staub, die meiner Nagelei zum Opfer fielen. Dann kommen Heidi Gassner und Urs Mosimann, machen alles für den Apéro bereit. Ich bin keine grosse Hilfe. Zu aufgeregt.
Schon treffen die ersten Besuchenden ein. Heidi hält eine kurze Anspache. Es wird nicht das letzte Mal sein an diesem Abend, bei dem ich rot werde. Und als kleiner EVERGRINS geniesse. Wenn jemand sagt, er sei am selben Tag an drei Ausstellungen gewesen und diese sei klar die beste gewesen, dann wird man schon mal ein paar Zentimeter grösser. Auch wenn ich mich frage, wie «besser» denn gemessen wird.
Endlich, so gegen 20 Uhr, wird es dunkel genug für den MiniBeamer. Die Gasse ist eine gute Projektionsfläche. Und die Worte purzeln endlos aus dem Lichtstrahl. An viele kann ich mich selbst nicht mehr erinnern. Ein guter Abschluss der iBlöd-Geschichte, die vor fünf Jahren begann und ca. 1500 Folgen hatte. Und plötzlich ist der Spuk vorbei, meine dritte und letzte Vernissage dieses Jahres. Noch ein Essen mit Freunden unten am Fluss, Ideen, Pläne und Geschichten …
Im Anschluss an die Vernissage – so wird gemunkelt – habe man den Wolf noch gesehen, wie er durch die Gassen unten in der Matte schlich.