Um es vorweg zu nehmen: Ich habe etwas übersehen. Und das war nicht nur dumm&dämlich von mir, es kommt mich nun auch teuer zu stehen. Ich bezahle Steuern für Geld, das ich gar nicht verdient habe. Bloss, weil ich eine 30-Tage-Einsprachefrist verpasst habe. Und dies vor dem Hintergrund, dass unsere Regierung soeben eine Amnestie für Steuerbetrüger im grossen Stil beschlossen hat und ihnen auch noch Rabatte gewährt.
Doch von Anfang an: Ich habe drei Jobs und ein paar Ehrenämtchen, erstere um über die Runden zu kommen und letztere freiwillig. Ich habe also viel um die Ohren – ohne dabei reich zu werden. Deshalb habe ich a) jemanden, die mir die Buchhaltung macht und b) einen Treuhänder, der die Buchhaltung abschliesst und meine Steuererklärung macht.
Mein Angestellten-Lohn wie auch meine Einfünfte aus meinen selbstständigen Tätigkeiten landen alle auf demselben Bankkonto. Wohlgemerkt: Selbst die Zahlungen für verkaufte Bilder und Bücher gehen über dieses Konto und werden dementsprechend versteuert!
Nun hat meine Buchhalterin eine Liste mit Erklärungen zu all den Zahlungseingängen für meinen Treuhänder gemacht, damit er weiss, was was ist und wie er es zu deklarieren hat. Selbstverständlich sind da auch die Lohnzahlungen für meine Festanstellung aufgelistet, deutlich mit SALÄR gekennzeichnet.
Nun passiert folgendes: Mein Treuhänder verbucht das Total aller Eingänge als Selbständigenerwerb und rechnet auch noch meinen Lohn gemäss Lohnausweis zu meinem Einkommen hinzu. Mit anderen Worten:
Ich versteuere meinen Angestellten-Lohn doppelt.
Und weil ein Unglück selten allein kommt, ich meine Steuererklärung wie meistens kurz vor dem Abgabetermin in aller Eile unterschreibe und vollstes Vertrauen in meinen Treuhänder habe, übersehe ich diesen kapitalen, offensichtlichen Fehler und reiche die Steuererklärung ein.
Es folgt eine monströse Rechnung für Nachsteuern (die Einschätzung, für die ich bereits Ratenzahlungen leistete, lag natürlich deutlich tiefer). Samt Rechtsmittelbelehrung und Einsprachefrist von 30 Tagen. Ich bemerke den Fehler noch immer nicht und lasse die Frist verstreichen. Da mein Treuhänder inzwischen bereits an der nächsten Steuerrechnung ist, bemerkt er seinen Fehler vom Vorjahr und alarmiert mich. Auch stellt er sofort alle Unterlagen zusammen und erhebt Einsprache beim kant. Steueramt.
Von da bekommt erst mal keine Antwort. Und dann immer noch keine Antwort. Erst nach mehrmaligem Nachfrage gibt man ihm – telefonisch – die Auskunft, dass die Einsprache gegenstandslos sei, da die Frist verstrichen. Nach mehrmaligem Insistieren erhalten wir diesen Entscheid auch schriftlich: Auf drei Seiten folgen Paragraphen und ellenlange Belehrungen, die einzig auf den Umstand eingehen, dass wir nach Ablauf der Einsprachefrist von 30 Tagen keine Rechtsmittel mehr für eine Einsprache hätten. Ausserdem hätte ich – wäre ich sorgfältig gewesen – den Fehler ja selber rechtzeitig bemerken müssen. KEIN WORT DAZU, dass der Fehler derart offensichtlich war und also auch hätte von der Steuerkommissärin gesehen werden müssen … ich bin schuld, weil … ich kein Recht mehr habe. Obwohl: Im gleichen Schreiben wird mir eine 30-tägige Frist eingeräumt, um einen Rekurs gegen die Ablehnung meines Rekurses anzustrengen …
Von vielen Seiten wird mir angeraten, einen Steueranwalt einzuschalten, was ich auch mache. Dieser macht mir gleich klar, dass ich keine Chance hätte vor Gericht. Er sei in solchen Fällen schon bis vor Bundesgericht gegangen und dort … abgeblitzt. Es sei eine schreiende Ungerechtigkeit, aber geltendes Recht. Er empfiehlt mir, statt den Rechtsweg zu beschreiten, noch einmal Kontakt mit dem Steueramt aufzunehmen um eine Berichtigung zu erwirken. Oder um wenigstens ein Schriftstück zu erhalten, auf dem steht, dass der Lohn irrtümlich doppelt in der Steuerrechnung auftaucht. WEIL: Die Rechnung der SVA (AHV) kommt auch noch! Und die bezieht sich ja ebenfalls auf die Steuerrechnung des jeweiligen Jahres.
Dann hätte ich vollends gesch…. , weil ich Steuern zahle für Geld, dass ich nicht verdient habe, mit Geld, das ich logischerweise nicht habe. Und ich spreche hier nicht von einer Lapalie – jedenfalls nicht für meine Einkommensverhältnisse: Die Schadenssumme beläuft sich nun schon auf 12’500 Franken. Ganz zu schweigen von den Ferientagen, die ich mittlerweile darauf verwenden musste, mich konzentriert mit diesem Thema zu befassen.
Zwei Sahnehäubchen:
Das Erste: Ich wohne mit meiner Familie in einer Genossenschaftswohnung mit einkommensabhängigen Mieten. Allein die Strafmiete (für das fälschlicherweise höhere Einkommen) würde zusätzlich jeden Monat 433 Franken ausmachen. Wir haben gekündigt und ziehen aus. Auch, weil wir weder die aktuelle Miete noch die künftige Miete bezahlen könnten.
Das Zweite: Nachdem alle Versuche, das Geld rückerstattet zu bekommen, gescheitert sind, habe ich meinen Treuhänder gefragt, ob er für solche Fälle versichert sei. Seine Antwort: «Ich bin nicht dein Treuhänder.» Aha.
Weil wir Steuern zahlen.
Die Geschichte ist noch nicht ganz abgeschlossen: Mir wird seitens des Steueramtes – und das meine ich ohne jegliche Ironie – viel Verständnis entgegengebracht und mit viel Geduld und Freundlichkeit die Situation erläutert. Es tue ihm leid, dass es so schlecht aussehe. Auch wurde mir sofort Unterstützung zugesichert, um wenigstens bei den AHV-Beiträgen die Sache richtig zu stellen, damit nicht auch noch von dieser Stelle eine ungerechtfertigt hohe Rechnung auf mich zukommt.