Tage wie dieser.

Kennt ihr das auch? Fühlte mich heute früh, als wär’ ich in der Nacht über 15 Runden gegangen und am Morgen dann zu groggy und zu blöd um aufzustehen, schlimmer noch: so blöd, dass ich dann doch aufgestanden bin, es irgendwie ins Bad und bis ins Büro geschafft habe. Unterwegs feststellen, dass ich zu klein, zu hässlich, zu wenig zuversichtlich, in den falschen Klamotten mit der verkehrten Frisur und überhaupt …

Im Büro dann schon gewusst wie, aber nicht dürfen. Weil … es immer jemanden gibt, der es besser weiss oder zumindest jemanden kennt, den «man» noch fragen könnte, ob er oder sie es nicht doch besser wisse. Richtig: «Man», das bin dann sicher nicht ich. Schon gar nicht, wenn es darum geht, eine Entscheidung zu treffen. Die Verantwortung – wenn ‘s schief läuft – darf ich dann selbstverständlich tragen.

Hat jemand einen Schnaps?! Ach, mach’ einen doppelten draus. Kennt ihr das auch: Als wäre das nicht schon übel genug, sitzt doch so ein doofer, guter Engel wie angetuckert auf meiner Schulter, der unablässig mantramässig wiederholt: «Sei froh, dass du nicht krank bist.» Sein Gesäusel geht mir gerade so’was von auf den Sack, undankbar wie ich heute bin. Denn ich friere, obwohl es eigentlich warm wäre. Aber es ist zu wenig Wärme. So war es gestern und die Tage zuvor. Und so ist es schon lange. Und überhaupt. Nicht genug Wärme. Nicht weich, sondern hart. Und dann dieser Engel … darf man gute Engel ohrfeigen? Nur so ein Klaps?

Und dann dieser Wind, ich sitze am Bahnhof wie auf der Ersatzbank, und keiner wechselt mich ein. Weil … so einen wechselt man nicht ein. Zu klein, zu hässlich, hatten wir schon. Und dann dieser Wind, dieser besänftigende Wind, immer nur für die nächsten fünf Minuten, die fünf Minuten danach und wieder und wieder fünf Minuten besänftigend, immer so lange, dass noch ein Restgrummeln bleibt und ich nur die vom Wind geknickten Halme gegenüber sehe, nicht aber jene, die sanft im Wind wiegen. Ach.

The wind in my heart.

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4 Gedanken zu „Tage wie dieser.“

  1. Ach Stefan,
    Solche Arschengel haben wir doch alle. Auf der Schulter, im Kopf und manchmal stehen sie Dir gegenüber.
    Das einzige, was man da tun kann, ist immer wieder aufstehen und weiter gehen. Das mögen die überhaupt nicht und wissen dann irgendwann nix mehr zu sagen. Ich glaube, wenn man einfach macht und nicht mehr darüber nachdenkt, kommt der Fluss von selbst. Ich weiss, es ist hier nicht gerade einfach dies zu leben, aber ich versuche es im Kleinen. Vielleicht zieht das ja seine Kreise und wird grösser.
    Und was die Kälte angeht, so soll Ingwer ein sehr gut wärmendes Mittel sein. Probiers mal. Heute anstatt Verveine mal einen Zitronen-Ingwer-Tee.
    Es gibt viele, die meinen, es besser zu wissen. Aber sie gingen keinen einzigen Schritt Deines Weges. Ich glaube, die wären bei weitem nicht so weit gekommen, wie Du es geschafft hast, sondern wären auf der halben Strecke liegen geblieben.
    Also sei auch stolz auf Dich.
    Herzliche Grüsse

    1. Ach, Renate,

      ich weiss, ich weiss. Bloss tut Wissen nixnutzen. Ingwer war übrigens mein Lieblingstee. Darf ich nun nicht mehr. Wegen der Niere. Also renn’ ich an die Sonne, sobald sie scheint. Möge der doofe Engel einen Sonnenbrand kriegen. Das mit dem Kleinen vergess’ ich manchmal ob all der grossartigen Wurstigkeiten und Garstigkeiten. Und schau’ ich auf die Strecke zurück, sehe ich, dass da einiges liegengeblieben ist. Naja, klitzekleine Babyschritte (die gabs mal in einem Film), einen nach dem anderen. Zur Kaffeemaschine, zum Fotokopierer, an die nächste Sitzung. Vielleicht wird sie ja besser als die letzte.

      Liebe Grüsse | Stefan

  2. Ach Stefan,

    was liebe ich deine Texte…. sie sind für mich ein Hochgenuss und eine Freude im manchmal tristen Alltag. Jemand der denkt, empathisch ist, spürt und kritisch hinterfragt und so witzig schreiben kann, dass man sogar über den bitteren Inhalt schmunzeln kann.

    Du kannst noch so klein und hässlich sein, schreib einfach – dann bist du gross.

    Herzlichst und bis bald, Eliane

    1. Ach Eliane,
      herzlichen Dank für deine lobhudeligen Zeilen. Dann und wann kommt die Wärme ja zurück. Und dann nehme ich sie, wie sie kommt. Schliesslich bin ich auch ein kleiner, hässlicher Sonnenkollektor 😉

      Liebe Grüsse | S.

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